Heinrich Henkel

Heinrich Henkel wurde am 16. Februar 1822 in Fulda als drittältester Sohn des Fuldaer Kantors Michael Henkel geboren. Nach einer umfangreichen musikalischen Ausbildung in dieser Fuldaer Kantorenfamilie wurde Heinrich Henkel zum Klavierstudium bei Aloys Schmidt nach Frankfurt geschickt und in das Haus des Offenbacher Musikverlegers und Theoretikers Anton André aufgenommen. Hier genoss er einen gründlichen theoretischen Unterricht und ordnete die noch in Familienbesitz befindlichen Handschriften Mozarts, die Johann André gesammelt und zum Teil von der Witwe Mozarts erworben hatte.
Nach dem Tode Andrés kehrte Heinrich Henkel zunächst nach Fulda zurück, wo seine Hilfe dringend nötig wurde, weil der ältere Bruder Andreas (gest. 1871), an den Folgen eines Sturzes litt und Heinrich ihn in seinen Ämtern vertreten musste. Zugleich gab er Privatunterricht und beteiligte sich am Musikleben Fuldas.
In den Jahren 1846 und 1847 unternahm er einen Studienaufenthalt in die Musikmetropole Leipzig bei Julius Knorr (Schüler des Klavierpädagogen Friedrich Wieck) und Ignaz Moscheles. Durch sein Auftreten und seine Bildung fand er Aufnahme in die vornehmsten Familien und lernte dadurch musikalischen Größen wie Gade, Lobe, Hauptmann und andere kennen. Nach einer Zwischenstation in Fulda übersiedelte Henkel im Oktober 1849 nach Frankfurt am Main. Dort erzielte er Anerkennung für sein künstlerisches und pädagogisches Wirken. Er gründete einen Kirchengesangsverein, dem Mitglieder jeder Konfession beitreten konnten. Im Jahre 1860 wurde er zudem Dirigent des philharmonischen Vereins in Frankfurt und leitete Konzerte des Orchesters bis ins benachbarte Hanau, eine Aufgabe, die er später wegen Überlastung wieder abgab. Eine dauerhafte Einrichtung wurde die von ihm 1860 mitbegründete Frankfurter Musikschule. Darüberhinaus war Henkel ein fruchtbarer Komponist mit einem Oeuvre von Orchesterwerken, Chormusik, Klavier-und Kammermusik. Die Autographe befinden sich in der Senckenbergschen Bibliothek ( heute: Stadt - und Universitätsbibliothek Frankfurt) und der
hessischen Landesbibliothek Fulda.

Heinrich Henkel

„Ein Lebensbild“ von Professor Dr. F. Melde in Marburg aus „Hessenland“ 1889
Am 10. April des Jahres verschied in Frankfurt am Main der königl. Musikdirektor Dr. Heinrich Henkel nach achttägigem Kranksein in Folge einer Influenza. Die Bedeutung dieses Mannes, eins Hessensohnes, verdient es, daß ihm auch in diesen Blättern des „Hessenlandes“ ein Nachruf gewidmet wird, und thue ich dies mit so größerer Teilnahme, als es mir vergönnt gewesen ist, mit der ganzen Familie Henkel in Fulda und Frankfurt a. M vielfach in angenehmen und sehr werthvollen Beziehungen stehen zu können.
Heinrich Henkel wurde am 16. Februar 1822 in Fulda geboren als der drittältester Sohn des in Fulda und in weiten Grenzen darüberhinaus hoch geschätzten Musikers, des alten Kantors Michael Henkel ( geboren 1780 zu Fulda, gestorben 18512 daselbst), dessen sich wohl noch manch ältere Fuldaer, aber auch namentlich einstige Schüler des Fuldaer Gymnasiums erinnern werden, zumal ja der „alte Kantor Henkel“ nicht nur Organist an den beiden Hauptkirchen Fuldas, sondern auch Gesangslehrer am Gymnasium daselbst war. Dieser ausgezeichnete Musiker stammte aus der Schule des berühmten Schmalkalder Organisten Vierling (gestorben 1813 in Schmalkalden) und dieser hatte keinen geringeren wie den Sohn des Joh. Seb. Bach, nämlich den Kantor Phillip Emmanuel Bach (gestorben 1788 in Hamburg) zu seinem Lehrer gehabt, so daß der alte Henkel in Fulda, wenn man will, noch zur näheren Schule des großen Sebastian gerechnet werden konnte. Da der Vater seinen Sohn Heinrich zum Musiker ausbilden wollte, so war der letztere zunächst bei seinem Vater in der besten Schule. Der Knabe spielte schon im siebten Jahre leichte Stücke für Klavier, im achten vierstimmige Choräle auf der Orgel der Stadtpfarrkirche und konnte so, nachdem er auch noch das Pedal der Orgel zu treten vermochte, bis zum Jahre 1839 hin vielfach den Organistendienst seines Vaters für diesen versehen. Nun sollte der talentvolle Jüngling aber sein Vaterhaus verlassen, um zweien anderen hervorragenden Musikern anvertraut zu werden,
nämlich keinem Geringeren wie dem berühmten Klaviermeister Aloys Schmidt ( gestorben 1866 in Frankfurt a. M .) und dem hervorragenden Theoretiker und Komponisten Hofrath Anton André (gestorben 1842 in Offenbach).
Der junge Henkel wurde von André nach Offenbach in sein Haus aufgenommen und genoß nun hier den gründlichen theoretischen Unterricht des Meisters, der ja heute noch in seinem großen theoretischen Werke „Lehrbuch der Tonsetzkunst“ als einer der bedeutendsten Theoretiker auf dem Gesamtgebiete der Musik anerkannt werden muß. Henkel war bei diesen Studien so fortgeschritten, daß er nach dem Tode seines Lehres den einen Band des großen Werkes: die „Lehre von der Fuge“ im Druck revidieren und mit einem Vorworte versehen konnte.
Und nun daneben den „Meister Aloys Schmidt“, den berühmten Frankfurter Klavierspieler und Klavierlehrer, der nur dem gediegenem Spiele huldigte und allem Blendwerk abhold war, wiewohl er es mit den hervorragendsten Klavierspielern auch im brillanten Spiele aufnehmen konnte. Diesem Meister verdankte nun Heinrich Henkel seine erste
Ausbildung als eigentlicher Klavierspieler, und groß war die Freude beim alten Henkel in Fulda, als der Frankfurter Meister nach Jahresfrist diesem mittheilte, „ daß sein Sohn Heinrich ein tüchtiger und kunstvoller Klavierspieler werden würde“.
Nach dem Tode Andrés kehrte Heinrich Henkel zunächst nach Fulda zurück, wo seine Hilfe dringend nötig wurde, deshalb, weil der um 17 Jahre ältere Bruder Andreas ( gest. 1871)
der als Musiklehrer am Schullehrerseminar thätig war, in Folge eines Sturzes schwer leidend wurde, so daß für ihn der jüngere Bruder Heinrich aushilsweise eintreten mußte. Zugleich gab der letztere nun Privatunterricht und betheiligte sich auch lebhaft mit großem Erfolge an der Hebung der gesamten musikalischen Verhältnisse Fuldas.

Te deum op. 29